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Durch etwas Glück und Vitamin B bin ich an verschiedenes, interessantes Hochspannungsmaterial gekommen. Unter anderem grosse 50kV-Keramikkondensatoren von Murata und TDK. Sie haben Werte von 560pF, 1.7nF und 2.4nF. Des weiteren erhielt ich hochfrequente Röntgentrafos mit Ferritkern. Ein Teil des Materials (alle grossen Murata-Kondensatoren) stammt von Ebay und von Jan Wuesten, der andere, grössere Teil des Materials wurde mir grosszügigerweise geschenkt von jemandem, der beruflich in der Röntgenindustrie tätig ist. An dieser Stelle nochmals ganz herzlichen Dank an den netten Spender!
Gesamtes Setup Lichtbogenentladung 75cm
Das Setup besteht aus einer IGBT-Vollbrücke, einem Röntgentrafo mit Ferritkern im Ölbad und den beiden Kaskadentürmen, einem mit positiver und einem mit negativer Ausgangsspannung. Dies führt zu einer doppelten Differenzspannung zwischen den Towern und damit auch zu doppelter Funkenlänge. Die Zündstrecke liegt derzeit maximal bei ca. 75cm. Theoretisch wäre mit beiden Towern bis zu 700kV Differenzspannung zu machen, tatsächlich dürfte die Spannung aber höchstens bei ca. 500kV liegen, da die Brücke nicht mit voller Netzspannung gespeist wird und die beiden HV-Wicklungen des Röntgentrafos nicht wie ursprünglich in Serie geschaltet wurden, sondern parallel für höheren Strom.
Dies ist der eingesetzte Röntgentrafo. Er macht max. 40kVp und eine Leistung von ca. 5bis 6kVA dauerhaft. Wie bei Röntgentrafos üblich, muss er zwingend in einem Ölbad betrieben werden, um Überschläge zu vermeiden, was hauptsächlich seiner kompakten Grösse und der relativ hohen Betriebsfrequenz geschuldet ist. Für das Ölbad habe ich vollsynthetisches Silikonöl vom Typ SF-V50 verwendet. Es bietet gute, dielektrische Eigenschaften, hat eine hohe Viskosität und ist überdies schwer entflammbar. Zudem altert es nicht so schnell wie beispielsweise pflanzliche Öle oder Mineralöl. Die genannten Eigenschaften sind sehr vorteilhaft für diese Anwendung, aber das Öl ist leider nicht gerade billig.
Der Transformator selber weist primärseitig und sekundärseitig je zwei frei verschaltbare Spulen auf, wodurch unterschiedliche Kombinationen von Serie- und Parallelschaltung möglich werden. Der kern besteht aus Ferrit, wodurch der Trafo mit ca. 20kHz betrieben werden muss.
Jakobsleiter zum Test des Röntgentrafos. Der Bogen überbrückt oben ca. 25cm Elektrodenabstand. Die Leistung beträgt hier ca. 7kVA. Gespeist wird die IGBT-Ansteuerung von meinem grossen 28A-Variac. Dieser brummt bei der Belastung recht heftig.
Auf diesem Bild sieht man die komplette Ansteuerung mit der IGBT-Vollbrücke. Es wurden zwei IGBT-Module Semikron SKM200GB128D verwendet, da ich von diesen noch einige da hatte. Diese Bricks sind sehr leistungsfähig und können problemlos Leistungen bis 5kW übertragen bei einer Frequenz von ca. 20kHz. Die erwähnte Vollbrücke wird von einem kleinen Treiberboard befeuert, welches ausserdem einen TL494-Oszillator beinhaltet, dessen Frequenz und Pulsweite stufenlos eingestellt werden können.
Hier nun die beiden Kaskadentürme, bestehend aus je sieben Stufen zu je 50kV max. Beide sind identisch aufgebaut, ausser natürlich den Diodenrichtungen, welche die Polarität der Ausgangsspannung festlegen. Einer der Türme liefert eine positive Ausgangsspannung, der andere eine Negative. Auf diese Weise tritt gegen Erde nirgends mehr als die halbe Differenzspannung zwischen den Türmen auf. Natürlich ist solch ein Setup viel einfacher zu isolieren, als wenn man die volle Spannung gegen Erde an einem einzigen Turm anliegen hätte. Beim Bau dieser beiden Türme wurde besonderen Wert auf eine saubere Feldformung gelegt, sodass der Aufbau möglichst wenig sprüht. Für die Feldformung sind die Kugeln und die Toroide verantwortlich. Je besser alle spannungsführenden Buateile abgerundet sind, desto weniger Koronaentladungen (Teilentladungen) entstehen und umso geringer ist das Risiko von ungewollten Überschlägen zwischen den einzelnen Stufen.
Diese Keramik-Hochspannungskondensatoren von Murata haben es in sich. Sie haben Kapazitäten von 1.7 resp. 2.4nF und eine Spannungsfestigkeit von 50kV. Einer alleine wiegt über 300g. Sie sind ideal geeignet für anspruchsvolle Aufgaben wie diese. Sie weisen M5-Gewinde an den Anschlusstellen auf, wodurch sie sich recht einfach über Madenschrauben miteinander verbinden lassen.
Freundlicherweise habe ich alle Dioden für diesen Aufbau geschenkt bekommen von einem Freund. Danke vielmals dafür! Die Dioden sind nicht alle gleich. Es hat 2CL2FM, aber auch 2CL2FP und 2CL2FL. Der Unterschied zwischen diesen Dioden liegt einzig in der Sperrspannung, welche bei der 2CL2FL 15kV beträgt, bei der 2CL2FM 20kV und bei der 2CL2FP 30kV. Das realisierte ich erst, nachdem ich schon alle Diodenketten verlötet hatte. Glücklicherweise habe ich aber tendenziell stark überdimensioniert, da ich von Anfang an mit den 15kV-Dioden gerechnet hatte. Um 50kV pro Stufe sicher halten zu können, habe ich jeweils pro Diodenstrang vier Dioden in Serie gelötet. Dies ergibt im schlechtesten Fall 60kV, im besten Fall 120kV pro Strang, was mehr als ausreichend ist.
Das
Elektrodenmaterial hier war schlussendlich neben dem Silikonöl das Teuerste am
ganzen Projekt. Die kleinen Toroide mit 50mm Durchmesser stammen vom
highvoltageshop in Österreich, die grösseren Toroide habe ich geschenkt bekommen
und die Kugeln stammen von Ebay und sind als Geländerkugeln (mit
Durchgangsbohrung) erhältlich. Jeder dieser Aluminium-Toroide wurde seitlich mit
zwei M3-Gewinden versehen, damit die Kabelschuhe der Diodenketten angeschlossen
werden konnten. Insgesamt mussten fast 30 Toroide so bearbeitet werden. Die
Toroide stammen vom highvoltageshop in Österreich.
Um die Dioden vor den teils heftigen Kondensatorentladungen zu schützen, sind auch
bei dieser Kaskade leistungsfähige Widerstandsketten notwendig. Teilweise habe ich diese vom
alten 180kV-Setup übernommen, da ich dieses inzwischen aus Platzgründen zerlegen
musste. Zusätzlich habe ich noch weitere Widerstandsketten gelötet, um auch bei
voller Spannung keine zu hohen Diodenströme zu verursachen. Bis jetzt ist noch
keine einzige Diode kaputt gegangen bei diesem Betrieb, was doch sehr erfreulich
ist, denn ich habe schlussendlich fast alle Dioden, die ich hatte, verbaut. Für
die Widerstandsketten habe ich jeweils vier Stück 10kOhm / 11W Widerstände in
Serie gelötet und mit Heisskleber in ein Installationsröhrchen vergossen. Von
diesen Installationsröhrechen hab ich dann schlussendlich sechs Stück zusätzlich
verbaut, also nochmals 240kOhm hinzugefügt. Insgesamt habe ich nun ca. 1MOhm und
eine Kriechstrecke von 2.5 bis 3m.
Die Entladungen sind so laut, dass es sich empfiehlt, einen Gehörschutz zu tragen. Bevor ein Überschlag erfolgt, entsteht ein massiver Ionenwind rund um das ganze Setup, welchen man gut spürt auf der Haut. Durch die vielen Ladungsträger (Ionen) in der Luft kommt es an scharfkantigen Metallteilen, welche nicht zum Aufbau gehören, zu leichten Sprühentladungen und man bekommt überall eine gewischt. Kunststoffisolationen laden sich statisch auf und knistern noch lange nach dem Ausschalten des Aufbaus. Die Zündstrecke beträgt maximal etwa 75cm. Bei tiefen Variaceinstellungen sieht man nur Koronaentladungen und hört ein starkes Zischen. Dreht man weiter auf, so treten knatternde Funkenentladungen auf und gehen schnell über in einen ruhiger brennenden Lichtbogen. Der Lichtbogen ist selbst bei Tageslicht gut sichtbar. Der Strom während einer Entladung beträgt ca. 35 bis 40mA und ist damit lebensgefährlich.
Bis zu 75cm lange Lichtbögen, Funkenentladungen und Koronastrecken bei eine Leerlaufspannung von ca. 500kV
Abb. links: Überschlag, Abb rechts: Koronaentladung, kurz vor Überschlag
Rechts der Versuch der Flammfärbung mit etwas Kochsalzlösung auf den Elektroden
Und hier noch ein Video: